Seit 1983 in der Bundesrepublik Deutschland zum ersten Mal Kirchenasyl gewährt wurde, hat sich daraus ein zentraler Konflikt zwischen Kirche und Staat entwickelt. Das Phänomen, daß Ausländer aus Angst vor Abschiebung in ein Gotteshaus flüchten, löste eine politisch-gesellschaftliche wie wissenschaftliche Kontroverse über seine Legalität und Legitimität aus: Ist Kirchenasyl unbotmäßiger Rechtsbruch oder legitimes Korrektiv gegenüber humanitären Defiziten des Asyl- und Ausländerrechts?
Die Studie "Kirchenasyl in der Bundesrepublik Deutschland" ist die erste umfassende Untersuchung, die Theorie und Praxis des Kirchenasyls in Deutschland aus politikwissenschaftlicher Perspektive beleuchtet: Analysiert werden der konkrete Ablauf und die daraus resultierenden Konflikte, die öffentliche Kontroverse sowie die damit einhergehenden politiktheoretischen und verfassungsrechtlichen Problemlagen.
Außerdem zeigt Autor Matthias Morgenstern die geschichtlichen Entwicklungslinien des Kirchenasyls auf und zieht einen Vergleich mit analogen Ereignissen in anderen europäischen Staaten sowie in Nordamerika. Stets wird der Schutz von Menschen in Sakralbauten thematisch eingebettet in den Gesamtkomplex des spannungsreichen Verhältnisses von Religion und Politik.
Inhalt
Vorwort der Herausgeber zur Publikationsreihe "Politik und Religion"
Vorwort der Herausgeber
Vorwort des Autors
1. Einführung
1.1 Geschichte und Stand der Forschung
1.2 Sakrales Asyl in der Theorie
1.3 Modelle von Religion und Politik
1.4 Untersuchungsgegenstand und Forschungsziel
2. Historische Grundlagen sakralen Asyls
2.1 Vom Tempel- zum Kirchenasyl: Das Altertum
2.1.1 Das Tempelasyl im antiken Griechenland
2.1.2 Religiöses Asyl im Alten Israel
2.1.3 Der sakrale Schutz bei den Germanen
2.1.4 Sakrales Asyl im Kontext der Ordnungsvorstellungen des Altertums
2.1.5 Auf dem Weg von der Antike ins Mittelalter: Rom
2.2 Aufschwung, Blüte und Verfall von Kirchen- und Klosterasyl: Das Mittelalter
2.2.1 Allgemeine Aspekte
2.2.2 Der Konflikt um das sakrale Asyl
2.2.3 Kirchenasyl im Kontext der "Zwei Gewalten"
2.2.4 Der übergang in die Neuzeit
3. Die Renaissance von Kirchenasyl in Europa und Nordamerika
3.1 Vereinigte Staaten von Amerika
3.2 Europa
3.2.1 Der Westen
3.2.2 Der Norden
3.2.3 Der Süden
3.2.4 Mittel- und Osteuropa
3.3 Die deutschsprachigen Nachbarn: Österreich und Schweiz
4. Kirchenasyl in der Bundesrepublik Deutschland
4.1 Fluchtraum Kirche in der modernen Gesellschaft: Allgemeine Aspekte
4.1.1 Personenkreis
4.1.2 Schutzorte
4.1.3 Ausmaß
4.1.4 Transparenz
4.1.5 Unterstützung
4.1.6 Organisation
4.2 Die Auseinandersetzung um das Wiederaufleben von Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat
4.2.1 Staatlich-administrative Reaktion
4.2.2 Das Problem der Legalität
4.2.3 Die Diskussion um die Legitimität
4.3 Religiöse Autonomie versus staatliche Souveränität: Kirchenasyl im Kontext politischer Ordnungsvorstellungen
4.3.1 Akzeptanz und Durchsetzung modernen Kirchenasyls
4.3.2 Individuelle Religionsfreiheit und Kirchenasyl
4.3.3 Institutioneller Status der Kirchen und sakraler Asylschutz
4.3.4 Kirchenasyl und seine Funktion in der politischen Ordnung
4.3.5 Widerstand? Kirchenasyl zwischen Zivilcourage und Zivilem Ungehorsam
5. Kirchenasyl unter anderen staatskirchenrechtlichen Konstellationen
5.1 Norwegen: Tradition des Staatskirchentums
5.1.1 Allgemeine Aspekte
5.1.2 Der Konflikt um das sakrale Asyl
5.1.3 Kirchenasyl und staatskirchenrechtliche Ordnung
5.2 Frankreich: Trennung von Kirche und Staat
5.2.1 Allgemeine Aspekte
5.2.2 Der Konflikt um das sakrale Asyl
5.2.3 Kirchenasyl und staatskirchenrechtliche Ordnung
6. Resümee
6.1 Sakrales Asyl zwischen Kontinuität und Wandel
6.2 Kirchenasyl und staatskirchenrechtliche Ordnung
6.3 Sakralschutz in der Zivilgesellschaft
6.4 Schlußwort
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Die Studie "Kirchenasyl in der Bundesrepublik Deutschland" ist im Westdeutschen Verlag (Verlag für Sozialwissenschaften) in der Reihe "Politik und Religion", herausgegeben von Hartmut Behr, Manfred Brocker und Mathias Hildebrandt, erschienen. Sie hat einen Umfang von 396 Seiten.
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